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Trail – eine vernachlässigte Disziplin?
Von den vielen Disziplinen, die das Westernreiten
beinhaltet, spiegelt sich die tägliche Arbeit eines Cowboys am meisten im Trail
wieder. Er musste jeden Tag durch mehrere Tore reiten, in unwegsamem Gelände
rückwärts manövrieren, Brücken überqueren und nicht zuletzt auch über quer
liegende Baumstämme reiten.
Viele Jahre war diese Klasse in den USA ziemlich
langweilig, die Hindernisse bestanden aus Tor, Brücke und einigen Stangen. Das
unvermeidliche Transportieren des Gegenstandes – meistens war das die Zeitung
aus dem Postkasten –hat diese Disziplin auch nicht besonders bereichert. Einer
der amerikanischen Reiter, der eigentlich aus dem Bereich der Working
Cowhorse-Wettbewerbe kam, hat das Ganze eine Weile beobachtet und dann versucht
durch eigene Trailpläne mehr Dynamik in diese Klasse zu bringen. Sein Name ist
Tim Kimura und mittlerweile ist er wohl der bekannteste Trail Designer, nicht
nur in den USA. Seine Pattern sind nicht nur fester Bestandteil bei der World
Championship in Oklahoma City, sondern auch bei vielen anderen großen Turnieren
in den USA und Europa. So wurden die letzten Jahre bei der Europameisterschaft
in Kreuth ausschließlich seine Trailkreationen geritten.Tim Kimura lebt im
kalifornischen Reedley, wo auch jedes Jahr im März ein kleines AQHA Turnier
ausgetragen wird. Es kommen alle großen Trailreiter nach Reedley um zu sehen,
wie der Trend in der Saison sein wird. Und wenn man die Trails in Reedley
schafft, dann schafft man die Trails überall.
Mittlerweile hat der Trail in den USA einen ungeheueren
Aufschwung bekommen. Dafür gibt es mehrere Gründe: die guten Trailpläne haben
ein sehr hohes Niveau, die Disziplin ist mittlerweile auch für Zuschauer
interessant, weil die Hindernisse zügig geritten werden. Die Zeiten, wo man zum
Zeitvertreib zwischen zwei Reinings mal kurz einen Trail geritten hat, sind
endgültig vorbei. Heute braucht man ein gut trainiertes Pferd um sich im Trail,
der in den USA übrigens zu den best besetzten Klassen gehört, zu behaupten. In
Kalifornien, das in den USA das Zentrum für Trail ist, haben sich viele Trainer
auf Trail spezialisiert, und die Tatsache, dass diese Trainer genug Pferde und
Schüler haben, um vom Training leben zu können, spricht Bände.
Vor allem entdecken immer mehr ältere Reiter den Trail als
Turnierdisziplin für sich. Es ist überraschend, wie in dem Land der ewigen
Jugend, die Select Amateur Klasse (50 Jahre und älter) gut besetzt ist. Die
Bekannteste von ihnen ist Marjorie E. Reid. Sie hat ihren 70-ten Geburtstag
schon länger hinter sich gebracht, ist aber trotzdem meistens vorne platziert.
Der Respekt, mit dem ihr die jüngeren Teilnehmer entgegen treten, war für uns
beeindruckend.
Und nicht zuletzt ist Trail auch eine schonende Disziplin
für das Pferd. Die besten Leistungen bringen die Pferde, die weit über 15 Jahre
alt sind. Ein Beispiel ist Hi Can Do, ein 22 Jahre alter QH-Wallach, trainiert
und auch im Besitz von Cynthia Cantleberry – der First Lady des Trails. Sie ist
mit ihm jedes Jahr für die World Championships qualifiziert und meistens
erreicht sie auch das Finale.
Wie schon erwähnt, war es Tim Kimura, der aus dieser früher
langweiligen Disziplin eine dynamische Klasse gemacht hat. Mittlerweile hat er
aber viele Nachfolger. Und jeder von denen bringt in die Trailpläne eine
eigene Individualität. Einer von ihnen ist Don Lehman, er ist Designer für
Turniere in Zentral-Kalifornien. Seine Trailkurse sind flüssig und sein
Meisterstück zeigt er jedes Jahr beim Turnier in Bakersfield. Der Veranstalter
hat für Trail eine kleine Wiese mit viel Bäumen, samt Bewässerungsanlage,
reserviert. Trotz dieser schweren Bedingungen schafft es Don jedes Jahr dort ein
hervorragendes Trail aufzubauen.
Cathy Henson’s Trailpläne sind auf den ersten Blick sehr
einfach, es sind aber die engen Wendungen und die kurzen Abstände zwischen den
Hindernissen, die diese Trails sehr anspruchsvoll machen.
Ann Dennis ist Designerin für ein großes Turnier in Medford,
Oregon. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie vor jeder Klasse mit den
Reitern und Richtern den Kurs durchgeht und erklärt, wie der Kurs zu reiten ist
und wo genau die Übergänge sein müssen. Sie vermeidet damit, dass die Reiter
unnötige Fehler machen und erleichtert den Richtern ihre Arbeit.
und wie sind die Trails in USA organisiert?
Wegen der vielen Teilnehmer haben Trailbewerbe eine eigene
Arena. Sehr früh am Morgen legt der Designer seinen Trail so, dass spätestens um
7 Uhr der Warm Up Trail beginnen kann. Generell gibt es für jeden Tag einen
Grundkurs, den man in 5 Minuten für andere Klasse leicht umbauen kann. Für den
Warm Up Trail legt der Designer meistens den schwersten d.h. Senior Trail auf,
jedoch gegenüber dem eigentlichen Wettbewerb mit leichten Änderungen, so sind
etwa nicht alle Stangen erhöht. Er organisiert und überwacht auch den Warm Up
Trail. Die Teilnehmer – und das sind in den USA fast alle – haben dann die
Möglichkeit für ca. 5 min, gegen eine Gebühr von etwa 5 Dollar, die Hindernisse
beliebig oft durchzureiten. Der Traildesigner nutzt diese Gelegenheit noch
einmal, um die Hindernisse auf ihre Reitbarkeit zu überprüfen und eventuell zu
korrigieren. Und die meisten von denen geben den Teilnehmern auch Ratschläge,
wie sie die Trails am besten bewältigen können. Der Designer bleibt auch während
der Disziplin am Platz, um einen glatten Ablauf des Turniers zu gewährleisten.
Wie schaut es aus der Sicht des Traildesigners in
Österreich und Deutschland aus?
Die Lage hier lässt leider noch viele Wünsche offen. Es
gibt zwar – Gott sei Dank – immer mehr Turniere, die anspruchsvollere Trails
anbieten, aber es gibt leider auch noch immer viele Turniere, die fantasielose
Trailparcours haben. Jeder Trail sollte Schritt, Trab und Galopp (rechts und
links) über Stangen haben, lange Galoppstrecken ohne Stangen gehören in die
Horsemanship oder in die Pleasure. Schließlich kommt auch keiner auf die Idee
Reining ohne Spins oder Western Riding ohne Galoppwechsel anzubieten. Es gibt
leider sehr wenig Traildesigner – und die, die es gibt, werden selten von den
Veranstaltern in Anspruch genommen, weil sie Geld kosten (es ist auch viel
Arbeit damit verbunden). Deshalb werden die Trails dann meistens von Richtern
gezeichnet, die jedoch in vielen Fällen keinen näheren Bezug zu dieser Disziplin
haben und auch das Können der Reiter unterschätzen. Als Resultat kommen dann
einfallslose Trailkurse raus. Es gibt aber auch Veranstalter, die sehr wohl und
gerne auf Traildesigner zurückgreifen, wie z.B. die Vereinigung der
Westernreiter in Bayern (dort bin ich für die Trails zuständig).
Allerdings muss man sich als Traildesigner wiederum mit
anderen Problemen herumschlagen. Das ist meistens das Material, das man zur
Verfügung hat. Die wenigsten Turnierveranstalter haben genügend Trailstangen,
vernünftige Brücken oder Tore parat. Als Stangen werden in den meisten Fällen
Springstangen genommen. Diese sind erstens rund – beim Trail müssten kantige
Stangen verwendet werden – und haben 3 m Länge, d.h. eher unbrauchbar. Für
schöne und anspruchsvolle Trails sind 2 m und 4 m Stangen notwendig, und zwar in
genügender Anzahl. Was soll ein Traildesigner mit 25 oder 30 Stangen anfangen?
Daraus kann kein schöner Trail aufgebaut werden.
Was soll man den Trailreitern raten?
Zu erst das Training zu Hause nicht vernachlässigen. Trail
hat gegenüber den anderen Disziplinen einen riesigen Vorteil: man kann mit
vielen Stangen üben, ohne das Pferd sauer zu machen. Beim Training darf man nur
nicht zu faul sein, Stangen zu schleppen, vielmehr sollte man immer wieder vom
Pferd absteigen und die aufgelegten Hindernisse auch während des Trainings
umbauen, bzw. verändern. Wenn ein Pferd fünfmal hintereinander über dasselbe
Hindernis trabt oder galoppiert ist es nicht mehr aufmerksam, daher sollte man
dem Pferd immer neue Kombinationen vorlegen. Auch ein komplexes Hindernis aus
vielen Stangen, dass man dann von verschiedenen Seiten und in verschiedenen
Gangarten durchreiten kann, steigert die Aufmerksamkeit des Pferdes.
Die Gangart des Pferdes sollte der natürlichen Bewegung des
Pferdes entsprechen. Übertrieben niedrige Kopfhaltung 10 cm über dem Boden ist
genauso unschön, wie ein sehr langsamer Trab oder Galopp, bei dem man nicht mehr
unterscheiden kann, ob das Pferd noch trabt oder schon in Schritt geht bzw. es
vorne noch galoppiert und hinten schon trabt. Leider gibt es im
deutschsprachigen Raum immer noch einige Richter, die solche Gangarten besser
bewerten als einen natürlichen Bewegungsablauf über Hindernisse. Aber der Trend
geht eindeutig zu natürlicher Haltung und Bewegung des
Pferdes. Europameisterschaft in Kreuth 2002: Die (Mikado-)Trails wurden von dem
Kalifornier Tim Kamura entworfen.
Weil unsere Turniere auch keine richtigen Warm Up Trails
anbieten, sollte der Reiter vom Showmanager genügend Stangen auf dem Abreitplatz
verlangen, um das Pferd vor dem Bewerb auch richtig vorbereiten zu können. Sie
sollten auch die Möglichkeit haben, Brücke und Tor auszuprobieren. Aussagen wie
„was zu Hause nicht funktioniert, brauchst du hier nicht mehr trainieren“ können
nur Leute von sich geben, die absolut keine Ahnung von dieser
Disziplin haben. Denn auch ein Reiningreiter bereitet sein Pferd vor dem Bewerb
auf sämtliche Manöver vor. Leider gibt es aber immer noch Turniere, wo Tor und
Brücke versteckt sind und erst im Bewerb dann als bauliches Monstrum, à la Tor
in Schönbrunn oder wie die alte Reichsbrücke in Wien, dem entsetzten Teilnehmer
präsentiert werden. Natürlich haben dann einige Pferde große Probleme mit
solchen Hindernissen
Und nicht zuletzt, beobachten sie, wann immer sich die
Gelegenheit bietet, die guten Reiter in der Disziplin. Sie können sehr viel
daraus lernen. In USA haben wir manchmal beim Zuschauen Gänsehaut bekommen, so
schön waren die Vorstellungen von so manchem Reiter. Zuhause bekommen wir
manchmal auch Gänsehaut – leider aus einem ganz anderen Grund.
Dieser Text stammte aus den Internetseiten der VWB
"Vereinigung der Westernreiter in Bayern e.V -"
Horsemanship Clinics .
Vielen Dank |
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